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Und morgen dämmert’s

Inmitten all der gegenwärtigen Krisen und disfunktionalen Wirklichkeiten (u.a. die Pandemie, implodierende Echo-Kammern, der Klimawandel, der fortschreitende Strukturwandel, die polarisierte Politik, die sich zuspitzende Aufmerksamkeitsökonomie) nahm sich eine Gruppe von 15 Studierenden und 2 Dozierenden einen Moment, um möglichst ohne Erwartung über den Horizont hinaus zu blicken und zu fragen: was bringt die Zukunft?

Das Modul startete mit Inputs zu Zukunftsszenarien und -visionen, visionären Künstler*innen, künstlicher Intelligenz, virtuellen Influencer*innen und Arbeitsgesprächen mit Ingo Giezendanner (Zeichner), Carmen Weisskopf (Künstlerin, !Mediengruppe Bitnik) und Morgane Ghilardi (M.A.; Imag(in)ing Future Bodies, UZH). Die parallel verlaufenden Gestaltungsübungen «Zeichen der Veränderung I + II», «Manifest» und «Sammlung» boten Raum, persönliche Interessen, Bildsprachen und Haltungen zu formulieren.

In der zweiten Hälfte des Moduls arbeiteten die Studierenden in interdisziplinären Teams an freien Projekten. Entstanden sind sieben Arbeiten, die sich mit einem spezifischen Aspekt der Zukunft auseinandersetzen. Behandelt wurde u.a. Fragen wie «Was geschieht, wenn makellose Gynoiden zu Individuen werden?», «Wie lassen sich antikes Keramikhandwerk und moderne Technologien zusammenführen?», «Was haben Facefilter für einen Effekt auf unsere Gesellschaft?», «Wieso blickt die Mehrheit der Schweizer*innen pessimistisch in die Zukunft?», «Wie kann die Aufwach-Phase aus einem Kryonik-Schlaf gestaltet werden?» und «Wie viel Platz hat Leere?».

Modulleitung:
Rebecca Morganti-Pfaffhauser (Dozentin Visual Communication)
Nicholas Schärer (Dozent Cast/Audiovisual Media)

Super Gynoid

Was geschieht, wenn makellose Gynoiden – Hybriden aus Frau und Maschine – zu Individuen werden, die mit ihrem Aussehen unser Schönheitsideal in der realen Welt positiv prägen? Das virtuelle Sammelkarten-Set „Super Gynoid“ hinterfragt gesellschaftliche Darstellungsmuster von Gynoiden und vermittelt anhand von generierten Erscheinungsbildern Zukunftsvisionen.

Wo bleiben Body Positivity, Acne Positivity oder Going Gray bei der Darstellung eines Hybriden aus Frau und Maschine – einem sogenannten Gynoiden? Während in der realen Welt Zahnlücken, Monobrauen und Narben von unserer Gesellschaft immer mehr als Zeichen individueller Schönheit wahrgenommen werden, ist die virtuelle Welt in Games oder Science-Fiction-Filmen immer noch von Perfektion und Makellosigkeit dominiert. Dies birgt die Gefahr einer Identifikation mit virtuellen Idealen, welche in der Realität nicht erreicht werden können. Unsere Schönheitsideale bewegen sich momentan in einer schwer differenzierbaren Grauzone zwischen Künstlichkeit und Echtheit. Unperfektheiten in einer künstlich hergestellten Realität jedoch, können einen gesunden Umgang mit dem eigenen Schönheitsideal und der Selbstwahrnehmung unterstützen, indem sie Künstliches lebendiger machen. Super Gynoide haben die Funktion, solche gesellschaftlich festgefahrene Darstellungsmuster zu stören und als generierte Erscheinungsbilder Zukunftsvisionen zu vermitteln.

Super Gynoid ist ein virtuelles Sammelkarten-Set bestehend aus 15 Karten, welche bald als NFTs (Non-Fungible Tokens) online erhältlich sein werden. Mit einer solchen digitalen Vermarktung wird einem rein virtuell erfahrbaren Produkt einen Wert zugeteilt, welcher das Produkt im Internet als Original von Kopien oder Fälschungen abhebt und aus einer Replikation ein Individuum macht. Durch eine begrenzte Anzahl an Originalen auf dem Markt kann die Nachfrage den Wert der einzelnen Karten oder einer vollständigen Sammlung nach oben getrieben werden. Super Gynoid soll digitale Kartensammler:innen ansprechen, die sich für die Vermittlung von alternativen und Diversität fördernden Schönheitsbildern in der virtuellen Welt einsetzen möchten.

Autor*innen:
Valerie Imhof
Leonie Wetter

Super Genoid. © ZHdK 2021
Super Genoid. © ZHdK 2021
Super Genoid. © ZHdK 2021
Super Genoid. © ZHdK 2021

Digital Craft

Digital Craft thematisiert die Schnittstelle zwischen Handwerk und Technologie, Fragilität und Stabilität. Das Medium Keramik wird neu interpretiert, alt und neu undefiniert und der 3D-Drucker und sein Können ans Limit gepusht.

Digital Craft thematisiert die Schnittstelle zwischen Handwerk und Technologie, Fragilität und Stabilität. Inspiriert von der traditionellen Töpferkunst und ihren Meisterwerken soll diese Perfektion des Handwerks neu interpretiert, rezipiert und ins Digitale übersetzt werden. Die Formensprache wird ins Heute übertragen und adaptiert; die Grenze zwischen dem Fragilen und dem - im gebrannten Zustand - Unzersetzlichen soll in den Vordergrund gerückt werden. Durch dieses paradoxe Phänomen können wir mit Hilfe von keramischen Fundstücken in vergangene Kulturen und Alltagsgeschichten eintauchen. Mit Digital Craft wollen wir zukünftigen Betrachtern unsere Realität näher bringen und sie greifbar machen. Die antiken Keramikgefäße werden in Cinema 4D rekonstruiert und anschließend mit digital generierten Fehlern versehen. Sie werden verzerrt, zerdrückt oder zerschnitten - und bleiben doch in sich selbst als funktionierende Gefäße, die durch ihre neue, ungewohnte Formensprache irritieren. Die Wahrnehmung des Betrachters soll durch die eingebauten Fehler herausgefordert werden und der Umgang mit dem Medium wird in einen neuen Kontext gestellt. Die Entwürfe sind technologiebedingt frei von geometrischen Gesetzen und werden anschließend mit einem 3D-Drucker aus rezykliertem Ton gedruckt. Durch die Transformation der vorhandenen digitalen Daten in das Material entstehen Werkzeugspuren, die den Objekten eine einzigartige Ästhetik verleihen und die technische Konstruktion sichtbar machen. Das Medium Keramik wird neu interpretiert, alt und neu undefiniert und den 3D-Drucker und sein Können ans Limit gepusht.

Autor*innen:
Leana Wirth
Sophie Bäumlin

Digital Craft. © ZHdK 2021
Digital Craft. © ZHdK 2021

Kardificial Intelligence

Was haben Facefilter für einen Effekt auf unsere Gesellschaft? Und wie werden sich solche Technologien in Zukunft entwickeln? In dem Projekt „Kardificial Intelligence“ haben wir uns auf eine humorvolle und ironische Art und Weise mit dem Ausdruck des Gesichts im Internet auseinandergesetzt.

Was sind echte Emotionen in Zeiten der Digitalisierung? Was haben Facefilter für einen Effekt auf unsere Gesellschaft? Und wie werden sich solche Technologien in Zukunft entwickeln?

In dem Projekt „Kardificial Intelligence“ haben wir uns auf eine humorvolle und ironische Art und Weise mit dem Ausdruck des Gesichts im Internet auseinandergesetzt. Die Anwendung und Manipulation von Facefilter war dabei unser Hauptinteresse. Wir haben eine Bildersammlung von Kim Kardashian, Reality-TV Star und Phänomen des 21. Jahrhunderts erstellt. Sie ist skurril und kontrovers, dennoch zieht sie die Aufmerksamkeit der Gesellschaft auf sich. Sie verkörpert die Parallelen von real und gefälscht, von greifbar und entfernt. Die von ihr kursierenden Bilder haben wir anhand von Facefilter soweit entfremdet, bis die nicht mehr zu erkennen waren. Wir wollten die Möglichkeiten an ihre Grenzen treiben und übertreiben. Unsere Sammlung soll auf eine ironische und humorvolle Art und Weise zum Nachdenken und zum Diskurs anregen.

Autor*innen:
Lena Harbeke (Industrial Design)
Noëmi Leonhardt (Trends & Identity)

Kardificial Intelligence. © ZHdK 2021
Kardificial Intelligence. © ZHdK 2021
Kardificial Intelligence. © ZHdK 2021
Kardificial Intelligence. © ZHdK 2021
Kardificial Intelligence. © ZHdK 2021
Kardificial Intelligence. © ZHdK 2021

Afrofuturism

In einem Audiovisuellen Beitrag haben wir drei Protagonist*innen zu ihren afrikanischen Wurzeln befragt. In einem zweiten Teil wiederum über die Hoffnung und die Zukunft Afrikas von Ihrer Perspektive aus.

Was bedeutet Afrofuturismus für junge afroamerikanische Schweizer*innen? In einem audiovisuellen Beitrag wurde diese Frage thematisiert. Anhand von 3 Protagonist*innen wurde über die Vergangenheit und Zukunft von Afrika gesprochen. Für das erste Themengebiet der Vergangenheit thematisieren wir Themen wie Tradition, Traumata und Erziehung. Denn nur mithilfe der Vergangenheit lässt sich etwas über die Zukunft aussagen. Beim Themengebiet der Zukunft geht es um Afrofuturismus, Hoffnung und Perspektiven. So wie wir die zwei Themengebiete Vergangenheit und Zukunft in einen Kontext mit Afrofuturismus setzen, war es uns wichtig, in unserem Videobeitrag auch eine erkennbar unterschiedliche Bildsprache für beide Welten zu gestalten.

Für den Teil der Vergangenheit entschieden wir uns für dokumentarische Porträt Aufnahmen, die einen Bezug zur Person und deren persönlichen Erfahrung herstellen soll. Bilder der afrikanischen Sammlung des Museum Rietbergs boten sich an, um die Vergangenheit in einen kulturellen Kontext zu setzen. Genau so auch Spaziergänge durch die Heimatstadt. Um den Teil der Zukunft und des Afrofuturismus zu bebildern, trafen wir den Entscheid, selber haptisch zu arbeiten um diese Welten zu kreieren. Wir mischten Schmuck und Stoffe aus Afrika mit Fundstücken aus der Brockenstube in Zürich und futuristischen Gegenständen, sowie Materialien. In einer inszenierten Studioaufnahme verkörperten wir diese selbstkreierten Looks und katapultierten es in eine neue futuristische Welt. Ein Gegensatz ist entstanden, eine neue Perspektive wurde kreiert. Über beide Bildwelten wurden Statements aus den Interviews gespielt, sie führen die Zuschauerschaft in die Welt der Tradition und Kultur und dann wiederum in die Welt des Afrofuturimus und den Gedanken hinter dieser Bewegung.

Autor*innen:
Sirah Nying
Elay Leuthold

Afrofuturism. © ZHdK 2021
Afrofuturism. © ZHdK 2021
Afrofuturism. © ZHdK 2021
Afrofuturism. © ZHdK 2021

Wieso schaut die Mehrheit der Schweizer*innen negativ in die Zukunft?

In unserem Projekt haben wir durch öffentliche Intervention versucht, das Nachdenken über mögliche Utopien anzuregen.

Nicht nur die Mehrheit der Schweizer*innen glaubt, dass die Zukunft schlechter wird als die Gegenwart. Auch wir drei sind pessimistisch eingestellt, wenn wir an die Zukunft denken. Doch wie sollen wir überhaupt positiv in die Zukunft gucken, wenn uns dafür die Utopien fehlen? Über die Zukunft wird gerne gewarnt, kritisiert und skeptisch geurteilt. Selten wird aufgezeigt, wie schön sie sein kann.

In unserem Projekt haben wir Fragen im öffentlichen Raum platziert, um die Zürcher*innen zum Denken über positive Zukünfte anzuregen. Die acht ausgewählten Fragen reichen vom Abstrakten — «Wonach schmeckt dieser Ort?» über die gegenwärtige Empfindung — «Was macht diesen Ort hässlich?» zu Fragen der Zukunft — «Was muss sich an diesem Ort verändern?». Darunter luden wir mit Leerraum zur schriftlichen Antwort ein.

In einem zweiten Durchgang haben wir diese Antworten mit Fotocollagen umgesetzt und wieder an denselben Orten, neben der passenden Antwort platziert. So ergab sich eine wechselseitige Interaktion zwischen den Betrachter*innen und uns.
Wir haben die gesammelten Wünsche, Ideen und Sehnsüchte bebildert, um sie der Stadt zurückzugeben. In der Hoffnung etwas mehr Utopie in die Stadt zu tragen.

Autor*innen:
Nemo Brigatti
Hannah Böker
Simona Boscardin

Wieso schaut die Mehrheit der Schweizer*innen negativ in die Zukunft? © ZHdK 2021
Wieso schaut die Mehrheit der Schweizer*innen negativ in die Zukunft? © ZHdK 2021

Wie viel Platz hat Leere?

Zwei Wochen lang haben wir uns mit der Leere auseinandergesetzt. Die Leere in Zürich.
Wir sind losgezogen und haben Leere gefunden.

Durch Fotografie und Zeichnung haben wir versucht, sie zu dokumentieren, festzuhalten. Dabei sind immer wieder Diskussionen und Gespräche darüber entstanden, was Leere für uns bedeutet. Abgesehen vom offensichtlichen Nicht-vorhanden-sein gewisser Objekte wo wir sie erwarten würden – wie kann Leere sonst noch entstehen? Kann sie im Vergleich entstehen? Kann sie im Vergleich zusammenfallen? Und wie klingen leere Worte? Der Vergleich interessierte uns, das Dazwischen, das Zusammenspiel. So entstand die Idee eines Buches. Durch das gesammelte Material versuchten wir ein weiteres Mal das Gefühl der Leere zu fassen und zu untersuchen. Unsere Arbeit ist ein Nachdenken über die Gegenwart und die Zukunft – was bleibt von der Leere?

Sprichst du von der Leere?
Schreibst du sie auf, bleibt sie leer?

Autor*innen:
Gianluca Flütsch
Simone Stolz

Wie viel Platz hat Leere? © ZHdK 2021
Wie viel Platz hat Leere? © ZHdK 2021
Wie viel Platz hat Leere? © ZHdK 2021
Wie viel Platz hat Leere? © ZHdK 2021
Wie viel Platz hat Leere? © ZHdK 2021
Wie viel Platz hat Leere? © ZHdK 2021

My Rise

Menschen erkranken an Dingen, welche wir in der heutigen Zeit noch nicht heilen/behandeln können. Die Zukunft verspricht Abhilfe zu leisten und lässt auf die nötigen Fortschritte hoffen. Aus diesem und vielen anderen Gründen lassen sich Menschen einfrieren. Die sogenannte Kryokonservierung wurde bereits einige hundertmal angewendet. Diese Menschen befinden sich noch immer in einer Art und Stand-by-Modus und können sich ihrer Wiederauferstehung nicht sicher sein. Die Wissenschaft geht sogar davon aus, dass diese Menschen, welche sich heute einfrieren lassen, nicht wiedererweckt werden können; dafür ist ihre Zellstruktur zu sehr beschädigt. Trotz allem ist die Kryokonservierung nichts völlig Unrealistisches. Was heute für die vollständige, korrekte Durchführung noch fehlt, ist ein geeignetes Frostschutzmittel, welches für den menschlichen Körper nicht giftig ist. Für die Menschen, welche die Entscheidung getroffen haben, sich zu konservieren, wollten wir einen Service gestalten. Wir befassten uns vor allem mit den Fragen:
- Wie soll jemand, der „erwacht“ ist, wieder zurück ins Leben geführt werden?
- Welche Informationen sind für diese Person von entscheidender Bedeutung?
- Wie gehen wir mit den Themen Verlust, Enttäuschung oder Tod um?
- Ist es moralisch vertretbar, einen Service wie diesen zu kommerzialisieren und somit aus der eventuellen Verzweiflung der Patienten Profit zu schlagen?
- Sollte es verboten sein, eine Dienstleistung zu entwickeln, nicht wissend, ob diese überhaupt funktioniert?

Unser Projekt umfasst ein Webdesign für den Patienten und dessen Familie, auf welchem auch während der Konservierung Blogbeiträge erstellt werden können. Ein Werbevideo für die Patienten, bevor sie sich für eine Kryokonservierung entscheiden. Eine Anwendung, welche den Patienten nach dem Erwachen aus der Konservierung helfen soll, wieder zurück ins Leben zu finden. Diese Anwendung führt den Patienten durch Vergangenes und soll dem Patienten helfen, auf den aktuellen Stand der Zeit zu kommen.

Weiterführende Informationen:
- Link App Prototyp

Autor*innen:
Kimon Apeltsotou
Silvan Koller

My RISE. © ZHdK 2021
My RISE. © ZHdK 2021